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Gerd Kadelbach, Bildung ist niemals unverbindlich. Ausgewählte Texte. Hrsg. und eingeleitet von Klaus Ahlheim

  • Gerd Kadelbach (1919 – 1996) war über Jahrzehnte Leiter der Hauptabteilung Bildung und

    Erziehung des Hessischen Rundfunks, Initiator und Organisator des Funkkollegs, langjähriges

    Mitglied der Redaktionskonferenz der »Hessischen Blätter für Volksbildung « und Herausgeber eines, ja des Bestsellers politischer (Erwachsenen-)Bildung, der »Erziehung zur Mündigkeit« von Theodor W. Adorno.

    Er war einer der wirkungsmächtigen Erwachsenenbildner in Deutschland, ein leidenschaftlicher Pädagoge, Anreger, Förderer, Vermittler und Multiplikator. Manches von dem, was Kadelbach organisiert, vorangetrieben und reflektiert hat, war bahnbrechend, wie z.B. die intensive Nutzung des Mediums Rundfunk im und für den Bereich der Erwachsenenbildung.

    Kadelbachs Werk ist tief geprägt vom Pathos der demokratischen Aufklärung, die im heutigen

    funktionalistischen Bildungsbegriff verloren zu gehen droht und deshalb seine Schriften so aktuell

    werden lässt.

    Inhalt
    Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
    Klaus Ahlheim
    Laudatio zur Ehrenpromotion von Prof. Dr. phil. Gerd
    Kadelbach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
    Gerd Kadelbach
    Wege und Irrwege. Versuch einer kritischen Bilanz von
    40 Jahren Bildungspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
    Gerd Kadelbach
    4. April 1946 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
    Gerd Kadelbach
    Das Funkkolleg als Beispiel einer didaktischen Montage . . . . . . . 49
    Gerd Kadelbach
    Zwanzig Jahre Funkkolleg. Erreichtes und Unerreichtes.
    Zukunftsperspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
    Gerd Kadelbach
    Leben heißt Lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
    Gerd Kadelbach
    Persönliche Begegnungen mit Theodor W. Adorno im
    Frankfurter Funkhaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
    Gerd Kadelbach, Edgar Weick
    Politische Erwachsenenbildung und politische Interessen . . . . . . 130


    Vorwort
    Gerd Kadelbach (1919-1996) war über Jahrzehnte Leiter der Hauptabteilung
    Bildung und Erziehung des Hessischen Rundfunks, Initiator
    und Organisator des 1966 gestarteten Funkkollegs1, langjähriges
    Mitglied der Redaktionskonferenz der »Hessischen Blätter für Volksbildung
    « und Herausgeber eines, ja des Bestsellers politischer (Erwachsenen-)
    Bildung, der »Erziehung zur Mündigkeit«, einer Sammlung
    von Rundfunkbeiträgen Theodor W. Adornos2. Er war einer der
    wirkungsmächtigen Erwachsenenbildner in Deutschland, ein »leidenschaftlicher
    Pädagoge, Anreger, Förderer, Vermittler und Multiplikator
    «, so hat ihn Edgar Weick einmal genannt und gewürdigt.3 Er ist
    heute gleichwohl weithin vergessen.
    Dabei ist manches von dem, was Kadelbach organisiert, vorangetrieben
    und reflektiert hat, bahnbrechend gewesen, die intensive
    Nutzung des Mediums Rundfunk im und für den Bereich der Erwachsenenbildung
    war zu seiner Zeit fast schon eine kleine Revolution.
    Und in allem, was er tat und schrieb, war Kadelbach bestimmt
    von einem aufklärerischen und urdemokratischen Pathos, das in der
    aktuellen Erwachsenenbildung fast aller Schattierungen und Praxisfelder
    verlorenzugehen droht. Das macht die Lektüre seiner Schriften
    gerade heute so interessant.
    1 Kadelbach war bei der Entstehung des Funkkollegs die treibende Kraft; er
    hatte die Idee von einem Aufenthalt in den USA mitgebracht, wo er fasziniert
    einen Schulunterricht allein mit den Mitteln des Rundfunks kennengelernt
    hatte.
    2 Theodor W. Adorno: Erziehung zur Mündigkeit. Vorträge und Gespräche
    mit Hellmut Becker 1959-1969, hrsg. von Gerd Kadelbach, Frankfurt/M.
    1971.
    3 Edgar Weick: Gerd Kadelbach. Leidenschaftlicher Pädagoge, Anreger, Förderer,
    Vermittler und Multiplikator in der Erwachsenenbildung, in: Hessische
    Blätter für Volksbildung, Heft 1/2001, S. 34-45.

    Auch die Einleitung zu diesem Band ist schon ein »historischer«
    Text und gleichwohl nicht überholt. Es ist die Laudatio zur Ehrenpromotion
    von Prof. Dr. phil. Gerd Kadelbach, die ich als Dekan
    des Fachbereichs Erziehungswissenschaften der Philipps-Universität
    Marburg im Sommer 1988 gehalten habe.
    Kadelbach bedankte sich damals in der Alten Aula der Marburger
    Universität für die Verleihung der Ehrendoktorwürde mit einer bewegten
    und bewegenden Rede: »Wege und Irrwege. Versuch einer
    Bilanz von 40 Jahren Bildungspolitik«.1 Sein stark autobiografisch
    gefärbter Text ist eine bisweilen eher skeptische, aber keineswegs resignative
    Bilanz nach der bildungspolitischen Aufbruchsstimmung
    der späten sechziger und frühen siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts,
    er schildert 40 Jahre bundesrepublikanische Bildungsgeschichte
    aus der Sicht eines Zeitzeugen, ein Dokument, das eine Art
    Pflichtlektüre sein könnte für die Studierenden der pädagogischen
    Fächer.
    Am Anfang der im Folgenden dann abgedruckten Texte steht eine
    kleine Tagebuchnotiz vom 4. April 1946, die Kadelbach 1961 in
    einem schmalen Bändchen mit dem Titel »Die mageren Jahre. Tagebuch
    eines unterfränkischen Landlehrers 1945/46« veröffentlicht
    hat. Er könne nicht glauben, schreibt Kadelbach, dass ein ganzes
    Volk keine Ahnung von den Verbrechen der Nazis gehabt habe, und
    schildert, wie er während des Zweiten Weltkriegs nördlich von Kiew
    »unfreiwilliger Zuschauer bei der Erschießung von mehreren tausend
    Juden« geworden war.
    Es folgen zwei Texte, die exemplarisch und typisch für den Erwachsenenbildner
    und Rundfunkmenschen Gerd Kadelbach und
    sein Wirken sind. Der erste, »Das Funkkolleg als Beispiel einer didaktischen
    Montage«, ist 1970 erschienen und schildert Konzeption
    und erste Erfahrungen mit dem Funkkolleg. Fast zwei Jahrzehnte ( Eine stark gekürzte Fassung ist in der »Frankfurter Rundschau« vom 3. September 1988 erschienen (»Andersdenken hatte nach der ›Stunde Null‹ kaum
    eine Chance«, S. 12) später, 1988, erscheint der Text »Zwanzig Jahre Funkkolleg. Erreichtes
    und Unerreichtes. Zukunftsperspektiven«, in dem Kadelbach Bilanz
    zieht und schreibt: »Entscheidendes Hilfsmittel bei der Konzeption
    des Projekts Funkkolleg als Fernstudienprogramm war die Idee
    des Medien-Verbunds. Sie bedeutet das Zusammenwirken unterschiedlicher
    Medien bei der Realisation eines Programms in der Weise,
    daß die Stärken je eines Mediums die Schwächen des anderen
    ausgleichen: Die Flüchtigkeit des Rundfunks beispielsweise wird
    durch gedruckte Texte, die Einsamkeit des Hörers durch die Einrichtung
    einer sozialen Phase in Studienbegleitzirkeln oder informellen
    Gruppen kompensiert.« Was aus den Zukunftsträumen, die am Ende
    des Beitrags skizziert werden, bis heute geworden und vor allem von
    ihnen geblieben ist, mag jeder Leser, jede Leserin dieses Bändchens
    selbst entscheiden. Dass sich inzwischen in den Medien wie in der
    Erwachsenenbildung der Bildungsbegriff selbst, Antrieb und gemeinsamer
    Nenner für die Macher des Funkkollegs, allmählich zu verflüchtigen
    droht, gehört ganz sicher zu den eher bedenklichen Entwicklungen
    des quartären Bildungssektors seit der sogenannten realistischen
    Wende um die 1970er Jahre.
    Wie es in diesen Wendezeiten um die Erwachsenenbildung bestellt
    war, beschreibt recht plastisch der Einleitungstext Kadelbachs
    zu dem von ihm herausgegebenen Sammelband »Leben heißt Lernen
    «. Im Zentrum eines neueren Bildungsbegriffs, schreibt Kadelbach
    schon 1975, stehe »der Erwerb von Kompetenz sich selbst, den
    Sachverhalten und der Gesellschaft gegenüber« und lässt damit
    die modernen pädagogischen Kompetenztheoretiker und -praktiker
    reichlich alt aussehen. Wichtige Impulse freilich kämen noch dazu:
    »Zu ihnen gehören Begriffe wie Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung,
    Mobilität und Flexibilität, aber auch Solidarität und gute
    Nachbarschaft.«
    Zu den großen und bis heute nachwirkenden Leistungen Kadelbachs
    gehört ohne Zweifel, dass es ihm gelungen ist, in der Reihe
    »Bildungsfragen der Gegenwart« des Hessischen Rundfunks, Theodor
    W. Adorno »mindestens einmal jährlich in dem Dezennium zwi10
    schen 1959 und 1969 zu Gast«1 zu haben. Vier Vorträge Adornos
    und vier Gespräche Adornos mit Hellmut Becker und Gerd Kadelbach
    sind unter dem Titel »Erziehung zur Mündigkeit« zum pädagogischen
    Best- und Longseller geworden.
    Schön zu lesen ist Kadelbachs Beitrag in einer Festschrift für
    Hans-Jochen Gamm aus dem Jahr 1990, in der Form eines Briefes
    an den Geehrten verfasst. »Persönliche Begegnungen mit Theodor
    W. Adorno im Frankfurter Funkhaus« heißt der Text, der auch eine
    gewisse Zurückhaltung von Redakteuren bei der Überarbeitung von
    Texten fordert, eine durchaus aktuelle Mahnung.
    Abgeschlossen wird der Band von einem der wichtigeren, weil
    pointiert formulierten Aufsätze aus dem Bereich der Erwachsenenbildung
    der frühen siebziger Jahre. Er stammt aus der Feder von
    Gerd Kadelbach und Edgar Weick und lässt in formaler Hinsicht die
    doppelte Autorenschaft jederzeit erkennen. Edgar Weick schildert
    die Entstehung dieses Textes später so: »Ein Anruf von Gerd Kadelbach
    aus dem Krankenhaus wohl im Spätherbst 1972, ein Besuch
    bei ihm, intensive Gespräche danach und eine gegenseitig anregende
    Koproduktion führten zu einem gemeinsamen Artikel über ›Politische
    Erwachsenenbildung und politische Interessen‹, der im Heft
    1/1973 der ›Hessischen Blätter für Volksbildung‹ veröffentlicht wurde.
    Gerd Kadelbach war damals – an den späten Folgen einer
    Kriegsverletzung leidend – fast ein dreiviertel Jahr lang im Krankenhaus
    und daher nur äußerst begrenzt in der Lage, sich in die heftigen
    politischen Auseinandersetzungen um grundsätzliche Fragen der
    hessischen Erwachsenenbildung einzumischen. Doch er war gerade
    in dieser Situation an einer eindeutigen Stellungnahme interessiert
    und ihm lag daran, diese Stellungnahme mit jener Person zu verfassen,
    die in den öffentlichen Kontroversen zum Repräsentanten und
    in denunziatorischer Absicht auch zum Drahtzieher eines linken Ra-
    (Gerd Kadelbach: Vorwort zu Theodor W. Adorno: Erziehung zur Mündigkeit.
    Vorträge und Gespräche mit Hellmut Becker 1959-1969, Frankfurt/M.
    1971, S. 7-9, hier S. 8.)  dikalismus in der Erwachsenenbildung stilisiert wurde.«1 Der Aufsatz
    hantiert wie selbstverständlich mit einem kritischen Kompetenzbegriff
    und würde sich auch heute – noch und wieder – leicht dem
    Vorwurf des linken Radikalismus aussetzen. »Eine Erwachsenenbildung
    «, heißt es da programmatisch-kritisch schon in der Vorbemerkung,
    »die sich aus einem falschen Demokratieverständnis heraus der
    engagierten politischen Substanz entledigt, um angeblich ein Bildungsangebot
    für alle anbieten zu können, besorgt unzweifelhaft ein
    politisches Geschäft. Sie nimmt Partei für eine Minderheit in unserer
    Gesellschaft, gegen deren Interesse bisher jede Demokratisierung
    hat durchgesetzt werden müssen. Sie vertritt die Interessen gesellschaftlich
    privilegierter Gruppen und Machteliten, die zur Aufrechterhaltung
    von Herrschaft, Abhängigkeit und Unmündigkeit Bildung
    instrumentalisieren. Eine solche Erwachsenenbildung dient dem
    Nutzen weniger.«
    Zu danken habe ich auch diesmal Bardo Heger, der den gesamten
    Text redigiert und druckfertig gemacht hat.
    Berlin, im Sommer 2015 Klaus Ahlheim

    Rezensionen:

    Paul Ciupke in: »Zeitschrift für Weiterbildungsforschung«, 3/2016, S. 377-78

    http://www.offizin-verlag.de/images/dbimages/upload/files/Ciupke%20Kadelbach.pdf

    Johannes Schillo in »Journal für politische Bildung«, Nr. 2 (2016), S. 76-78.

    http://www.offizin-verlag.de/images/dbimages/upload/files/Schillo%20Kadelbach.pdf

     

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